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Esterl, Siegfried

esterlSiegfried Esterl, Ehrenbürger der Stadt Weiz (* 22.7.1888 in Feld am See, † 4.12.1955 in Weiz), gelernter Schriftsetzer, Bürgermeister der Stadt Weiz 29.11.1930 - 11.5.1932 und 9.5.1945 - 4.12.1955

Der Brennsee liegt, vom Nockgebiet umrahmt, in Oberkärnten; an seinem Ufer das Dörfchen Feld am See, von dem ein Weg einen Hügel hinanführt, auf dem seit langen Zeiten ein Bauernhof steht. Dort wurde am 22. Juli 1888 Siegfried Esterl geboren. Seine Mutter war eine Tochter dieses Hauses. Als der Bub zehn Jahre alt war, heiratete seine Mutter einen Schuhmachermeister in Graz. Siegfried siedelte mit in die Stadt.

Nach der Volks- kam er in die Bürgerschule, die damals nicht allgemein war und deren Besuch von den Eltern bezahlt werden musste. Siegfried lernte sehr leicht und eifrig, das von seinen Lehrern empfohlene Studium konnten die Eltern nicht bestreiten. Ein fehlerfreies Probediktat entschied die Laufbahn des eben der Schule entwachsenen; er trat als Schriftsetzerlehrling in die Buchdruckerei Stiasny in Graz ein. Bis zum 29. März 1907 blieb „Fritz“, wie die Kollegen ihn nannten, in der Lehroffizin. Seine Lieblingsfächer waren Geographie und Geschichte; so sparte er Krone auf Krone und kaufte sich einen großen Atlas, in dem er mit Vorliebe blätterte und in Gedanken weite Strecken erwanderte. Siegfried Esterl konditionierte bei Röschnar in Klagenfurt, dann in Lübz in Mecklenburg, Hamm in Westfalen, in Solingen und kam im Herbst 1908 wieder nach Graz zurück.

Nach kurzer Tätigkeit bei Leykam und Gutenberg war er vor Weihnachten wieder „ohne“, kam am 1. Feber 1909 das erste Mal nach Weiz und trat in die Buchdruckerei Karl Haas als Setzer ein. Noch einmal aber übermannte ihn die Wanderlust, gab kurze „Gastspiele“ in der „Märkischen Zeitung“ zu Neuruppin und in Sternberg in Mecklenburg, von wo er auf kürzestem Wege einem Ruf aus Weiz folgte und am 8. November 1910 wieder in die Buchdruckerei K. Haas eintrat. Scherzhaft meinten Kollegen, er wolle wohl Bürgermeister werden. Sie wie Siegfried Esterl selbst ahnten gewiss nicht, dass dies einmal Wirklichkeit werden sollte. Auf seiner Wanderschaft lernte er nicht nur unterschiedliche Landschaften, sondern auch die Nöte der Menschen und vor allem das Los der Armen kennen. Er nahm sich vor, sich zu bilden, damit er fähig werde, Mitmenschen zu helfen.

Unmittelbar nach seiner Freisprechung schon war er der Fachgewerkschaft und der Sozialdemokratischen Partei beigetreten und nahm bald tätigen Anteil an der Arbeiterbewegung. Siegfried Esterl wurde zum Lokal- und zum Bezirksobmann der Sozialdemokratischen Partei gewählt und zog 1919 mit der Neukonstituierung des Gemeinderates in die Gemeindestube ein, in der er jahrzehntelang wirken sollte.

Seinem Vorsatz getreu, war es vor allem die Sozialarbeit, der er sich besonders annahm. Als Vizebürgermeister und Sozialreferent fand er ein arbeitsreiches Betätigungsfeld im Spital- und Armenwesen, aber auch die Schulen lagen ihm am Herzen.

Von 1930 bis 1932 war Siegfried esterl das erste Mal Bürgermeister der Stadt Weiz; er war es auch gewesen, von dem der Antrag zur Stadterhebung ausgegangen war. Die folgenden Jahre bewegter politischer Ereignisse warfen auch auf sein Leben oft düstere Schatten; er konnte erlittene Verfolgungen kaum verkraften, hatte er doch seine meiste Sorge den Armen und Bedrängten und dem Gemeinwohl der Stadt Weiz gewidmet. Doch auch diese bitteren Jahre fanden ihr Ende. In den letzten Tagen des schrecklichen Krieges traten die Bürger der Stadt Weiz an ihn heran, dass er die Geschicke der Stadt in seine Hand nehme und ihr als Bürgermeister vorstehe. Es war ein schwerer Anfang unter sowjetischer Besatzung. Häufig war er gezwungen, Handlungen gegen seine Überzeugung auszuführen. Als nach der russischen auch die britische Besatzung abgezogen war, dankten die Weizer das unverdrossene Wirken Siegfried Esterls durch die immer wieder mit großer Mehrheit vollzogene Wahl zum Bürgermeister der Stadt. Von 1945 bis 1949 war er auch Abgeordneter zum Steierischen Landtag und in einer Reihe von Körperschaften war er zudem ununterbrochen in verantwortungsvoller Stellung tätig. Nicht spurlos konnten diese Tätigkeiten an seiner Gesundheit vorüber gehen, wiederholt war das herz nahe am Versagen; sein eiserner Lebenswille und das Ziel, sein begonnenes Werk weiterzuführen, brachten ihn stets wieder auf die Beine. So schaffte und wirkte er für seine Stadt Weiz bis wenige Wochen vor seinem Tod, bis zur schweren Operation, aus deren Narkose er nicht mehr erwachte, galten seine Gedanken der Stadt und ihren Bewohnern. In aufrichtiger Würdigung seiner Verdienste hatte die Stadt Weiz Siegfried Esterl 1953 zu ihrem Ehrenbürger erkoren.

Literaturhinweis:

Leopold Farnleitner: Biographische Notizen. Siegfied Esterl. In: Land um den Kulm. Zur Siedlungsgeschichte, Vorbericht über archäologische Untersuchungen, Fundberichte. Biographische Notizen, erzählende Beiträge, Gesamtinhaltsverzeichnis (Weiz - Geschichte und Landschaft in Einzeldarstellungen. Hrsg. v. Leopold Farnleitner. 10/VI), Weiz 1980, S. 225.